Sylt. Vorurteilsbeladen. Die Insel der Schönen und Reichen. Und irgendwie auch meine Insel. Auch wenn ich weniger das Eine und noch weniger das Andere bin. Während meiner Zeit in Hamburg bin ich regelmäßig auf die Insel gefahren. Aus der Großstadt geflüchtet. Oft nur für einen Tagesausflug, manchmal auch für 2 Tage mit einer oder zwei Übernachtungen in einer kleinen Ferienwohnung. Und immer war es toll dort, egal ob im Januar, April, Juli oder Oktober. Ich habe die Insel zwar zu jeder Jahreszeit kennen gelernt, jedoch bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es dort nur 2 gibt. Nämlich Sommer und Winter. Kalt oder nicht so kalt. Mal gibt es weniger Wind oder sehr viel Wind. Bei jeder Rückfahrt im Zug hat mir das Gesicht geglüht von Wind und Wettereinfluss und oft waren die Knochen müde vom ständigen gegen den Wind lehnen am Strand. Aber immer war ich glücklich und zufrieden.
Im Sommer sind die Züge von Hamburg Altona aus nach Sylt übervoll und die Endstation in Westerland gleicht einem Rummelplatz. Aber Sylt wäre nicht Sylt, wenn nicht jeder sein Plätzchen finden könnte. Die Strände sind einfach unendlich lang und breit. Sobald wir uns ein Stückchen weg von den Strandaufgängen der Hauptorte beweg haben, wartete stets Ruhe und Einsamkeit auf uns. Zuvor wird allerdings eine ordentliche Kurabgabe für den Zutritt ins Paradies verlangt, aber Schwamm drüber. Es lohnt sich.
Bis vor ein paar Jahren konnte man mit einem speziellen Ticket der Deutschen Bahn auch noch den Bus auf Sylt nutzen, aber das ist inzwischen Geschichte. Und weil wir uns mit "nur" Westerland nie zufrieden gegeben haben, haben wir uns hin und wieder den Luxus gegönnt und haben ein Auto gemietet. Dies kam uns mit knapp 20 Euro pro Tag sogar günstiger als pro Person zusätzlich noch das Busticket zu lösen. Und flexiebler ist man mit Auto nunmal auch. Bei nur einem Tag auf der Insel besteht so die Möglichkeit an der Ostküste das Morsum Kliff zu besuchen und danach noch an der Westküste in die wilde Nordsee zu springen, den Sonnenuntergang zu genießen und den letzten Zug nach Hamburg zurück zu nehmen.
Im Winter ist es ruiger und weniger trubelig auf Sylt. Und wahnsinnig windig und kalt. Aber es gibt immer mal wieder Möglichkeiten einzukehren und sich aufzuwärmen, zur Not bei Gosch. Dann lernt man auch das original Inselklischee etwas besser kennen, pelzmanteltragende Frauen, alternde Playboys, Porschefahrer, Minihundebesitzerinnen mit Perlenohrringen. Alles was das Herz begehrt an skurrilen, reichen Menschen mit mehr oder weniger Geschmack. Gerade in Kampen ist es herrlich durch den Ort zu schlendern, die Möglichkeit für Windowshopping bei allerlei Markenboutiken zu nutzen. Abends kann man dann am Roten Kliff die Menschen beobachten, wie sie bei Gosch bei Fischbrötchen und einem Glas Champagner auf den herrlichen Sonnenuntergang anstoßen.
Mein Liebster Ort auf Sylt ist schwer zu benennen. Ich bin immer gerne am nördlichsten Ende spazieren gegangen, am Ellenbogen. Um dorthin zu kommen fährt man durch eine einzigartige Dünenlandschaft, wie ich sie nur aus Dänemark kenne. Es riecht nach Sand, salziger Luft und Dünengras. Am Ellenbogen ist, wenn man Glück hat, nicht so viel los und im Winter tummeln sich in der Nordsee direkt vor der Küste häufig Schweinswale.
Auch toll und bereits erwähnt: Das Rote Kliff bei Kampen. Der Ort lockt nicht umsonst viele Besucher an. Gibt es dort wirklich einen der tollsten Sonenuntergänge die man auf der Welt erleben kann - das schreibe ich ganz ohne übertreiben zu wollen. Das Kliff erstrahlt von der Sonne angeleuchtet so rot, dass man es fast nicht glauben kann.
Dann gilt es noch das Morsum Kliff zu erwähnen. Die Steilküste an der Ostküste ist geologisch ein interessantes Fleckchen Erde, aber da will ich hier gar nicht drauf eingehen. Denn hauptsächlich sieht es gut aus, besteht aus verschiedenen Sandschichten die toll in der Sonne leuchten und rot-orange glitzern. Das Kliff selbst bietet tolle Ausblicke auf den Hindenburgdamm, das Watt und seine Vogelwelt. Bei Flut, Regen oder an feuchten Herbsttage holt man sich furchtbar matschige Füße und bei besonders gutem Wetter erinnert es mich an den Rainbowbeach in Australien. Keine der allerschlimmsten Erinnerungen.
In Hörnum ist es auch schön, denn es ist nicht weit von der wilden West- zur ruhigen Ostküste, die Insel ist hier allgemein recht schmal. Toll ist es den Nehrungshaken zu umwandern, die Hörnum Odde, die jedes Jahr bei den Herst- und Winterstürmen deutlich schrumpft. Ein Problem welches an vielen Stellen der Küste zu sehen ist. Angeknabberte Steilküsten, weggerissene Strandabgänge, kein seltener Anblick.
Weiter gehts mit Lieblingsorten. Rantum ist ein kleiner Ort an der schmalsten Stelle Sylts. Die Insel ist hier nur ca. 550 m breit. Das nahegelegene Rantumbecken war früher ein Seeflughafen, heute bietet es als Vogelschutzgebiet vielen Watt- und Zugvögeln einen geschützten Lebensraum. Viele Vögel sind auch in den Vogelkojen zu beobachten. In Rantum existiert nur noch ein Süßwasserteich, in Eidum und Kampen kann man die alten Anlagen jedoch noch gut erkennen. Hier wurden früher Wildenten gefangen, jetzt sind es kleine Vogelparadiese.
Da ich meine großen Ferien als Kind meist in Dänemark an der Nordseeküste verbracht habe, fühle ich mich in Dünen- und Heidelandschaften immer extrem wohl. Es kommen mir Kindheitserinnerungen an unbeschwerte Sommertage mit Blaubeerpfannkuchen zum Abendessen ins Gedachnis. Das passiert mir in der Braderuper Heide regelmäßig. Dort gibt es Salzwiesen, verschiedene Heidearten und ganz dolles Dänemarkfeeling. Die Dünenlandschaft im südlichen Teil der Heide nennt man auch Weißes Kliff. Ein schöner Ort um die Stille zu genießen und einfach nur aufs Watt zu blicken.
So. All das sind Lieblingsorte von mir. Und wer sich die Karte von Sylt mal anschaut, es gibt wenige Orte die bei meiner Auzählung nicht auftauchen. Und seit ich sogar mal 2 Nächte in einem der Hochhäuser direkt am Strand in Westerland nächtigen durfte, liegt mir sogar dieser Ort mit seinem ganz besonderem Charme sehr am Herzen.
Lange Rede kurzer Sinn: Sylt ist toll. Wenn ihr die Möglichkeit habt, dann fahrt hin. Wenn ihr noch mehr über Ausflugsziele an der Nordsee erfahren möchtet, dann schaut immer mal wieder hier vorbei, bald gibt es noch Texte über Stankt Peter Ording, Amrum und Norddeich. Also, kiek mol wedder in!
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